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The King’s speech

Am 6. Mai 2023 wird König Charles III in London gekrönt werden. Nach 74 Jahren in Warteschleife ist es nun also soweit und er wird Monarch des britischen Empires.

In vielen – der Monarchie aus unterschiedlichen Gründen eher wohlgesonnenen Kommentaren – ist die Rede von einem moderneren König. Woran das erkennbar sein soll, entzieht sich meiner Wahrnehmung, u.a. wird es wohl auch die mediale Sehnsucht nach royalen Geschichten und G’schichterln sein, nach Prunk und Pomp in einer an Glanz derzeit so armen Welt. Auch das königliche PR-Team leistet da ganze Arbeit, kein Titel, kein (öffentliches) Medium, das an diesem Thema derzeit vorbeigeht.

Einen Vorgeschmack auf Charles‘ Wirken gab er von wenigen Wochen bei seinem Besuch in Deutschland, wo er im deutschen Bundestag sprach. Schon am Abend zuvor gab er eine Festrede auf Schloss Bellevue, als Gast des deutschen Bundespräsidenten. Exakt sechs Jahre nach dem Brexit-Votum.

Die Resonanzen auf Charles‘ Reden, die er zu einem großen Teil in sehr gutem Deutsch vortrug, waren überaus positiv: charming, sensible, smart und unsere Nachbar*innen geradezu aus dem Häuschen.

Misst man diese jüngste Rede des britischen Monarchen allerdings an den Maßstäben guter Rhetorik, bekommt man schon eher einen Eindruck, in welche Richtung Charles III lenken wird: boring, backwards, tame.

Logos, Pathos, Ethos

„Wofür Sie stehen ist noch wichtiger, als Ihr Wille zur Wirkung!“ lautet eine der zentralen Sätze, wenn ich Menschen auf Auftritte vorbereite. Es muss klar sein, wofür der bzw. die Redner*in steht, nur so gelingt es uns nachhaltig andere mitzunehmen, sie zu überzeugen.

Eine gute Rede schafft eine Vision zum persönlichen Standort des/der Redner*in und den daraus resultierenden Standpunkten. Sie schafft Klarheit auf der Sachseite, spricht unsere Emotionen auf der Beziehungsebene an und sie hat eine klare Richtung, einen roten Faden auf der Appellseite.

Angesichts einer sich abzeichnenden neuen Weltordnung ist die lange Tradition der britischen Monarchie in ihrem Fortbestand wohl gefordert wie nie. Das einstige Empire schrumpft vor unseren Augen, das Erbe der Kolonialzeit gerade erst in Aufarbeitung, der mächtige Commonwealth macht Schlagzeilen mit jenen Ländern, die die britische Oberhoheit nicht mehr länger akzeptieren wollen und seit dem Ausstieg aus der Europäischen Union sind die Briten auch in Europa zunehmend isoliert, ohne allerdings eine Insel der Seligen zu sein. Dazu kommen die familiären Turbulenzen im Hause Windsor, die uns vor allem auch unschöne Wahrheiten über die britische Medienrealität und deren Frauenbild bescheren.

All das gäbe natürlich unglaublich viel für ein neues Narrativ des britischen Königshauses her. Entsprechend neugierig war ich auf Charles‘ Rede. Was folgte war die Anbetung der (mütterlichen) Asche, ein Bekenntnis zu den guten Beziehungen zwischen Großbritannien und Deutschland – was angesichts der Historie unbestritten thematisiert werden muss – allerdings ohne Ausblick auf die Rollen, die diese beiden Länder und insbesondere UK in der Gestaltung der (europäischen) Zukunft einnehmen könnten. So sehr strengen sich also auch Könige an, gefallen zu wollen und stellen dabei ihre (kurzfristige) Wirkung über die Inhalte.

Viele von uns unterliegen der Versuchung der perfekten Reden berühmter Vorbilder, die so frei und leicht scheinen. Wir vergessen dabei, dass genau diese Reden es sind, die lange und exzellent vorbereitet werden.

Das Redenschreiben hat vor allem in der angloamerikanischen politischen Kommunikation einen hohen Stellenwert. Ich denke dabei v.a. auch an die jüngere Geschichte und Jon Favreaux, dem Mastermind hinter Barack Obamas Reden. US Präsident Obama, ein Meister des Storytellings, verknüpfte die Geschichte des Landes mit seiner persönlichen und schaffte es – zumindest für eine begrenzte Zeit – gesellschaftliche Strömungen in den USA zu einen: We may have different stories but we hold common hopes!

Oder Lissa Muscatine, die hinter Hillary Clintons landmark speech in Peking 1995 stand mit der bis heute oft zitierten Zeile „human rights are women‘s rights and women’s rights are human rights“.

Wirksame Kommunikator*innen sind Meister der Vereinfachung

Friedrich Schulz von Thun lehrte uns mit „Verständlichmachern“ zu arbeiten: Dazu zählen eine gute Gliederung, eine stimmige Storyline (Verknüpfung der Kernbotschaften), wirksame Stimulans (das können Bilder oder Ihre Kleidung sein, dazu zählen aber auch der Ort Ihres Auftrittes bzw. die Inszenierung) und ein klarer Appell, ein Claim, der für Orientierung sorgt.

Wollen Sie darüber hinaus langfristig überzeugen und Einfluss gewinnen, rate ich dazu sich näher mit Persuasionstechniken zu beschäftigen. Wir gewinnen Einfluss, indem wir drei Aspekte beachten: Glaubwürdigkeit, Anschlussfähigkeit und die Fähigkeit langfristige Verbindungen und Beziehungen zu schaffen.

So gewinnen Sie Einfluss!

Quelle: Conger, HBR, The art of persuasion

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass für Charles III der Bundestag nicht der richtige Ort war, um die großen programmatischen Ansagen in seiner neuen Rolle zu machen. Ich warte daher gespannt auf seine erste offizielle Rede als gekrönter Monarch und (s)ein zukunftsorientiertes Narrativ. Es könnte eine historische Rede werden!

PS: Wenn Sie jetzt Lust auf Ihre eigene Rede bekommen oder Ihre Wirkung und Ihren nächsten Auftritt optimieren wollen: Wir sprechen, schreiben, texten, trainieren und moderieren für Executive-Level!

Bettina Pepek | kommunikationsraum | Mai 2023