Neue Institutionen. Neue Eliten. Neue Führung.
„Der Wunsch von Präsidentin Ursula von der Leyen, die Regierungen mögen ihr doch jeweils zwei Kandidaten – eine Frau und einen Mann – vorschlagen, wurde (…) ignoriert. Von der Leyen will explizit Frauen in starken politischen Positionen. Hätte Wien neben Magnus Brunner auch Europaministerin Karoline Edtstadler nominiert, die Chance auf ein bedeutendes Kommissarsamt für Österreich wäre größer gewesen. Diese Chance wurde verpasst.“
In seinem Kommentar beschreibt Thomas Mayer, Standard, anhand des jüngsten traurigen Beispiels ein (politisches) Muster: Anstatt zu verändern wird am Status Quo festgehalten, statt Growth Mindset, fixed Ideologien und statt Transparenz der Deal im kleinsten (männlichen) Entscheiderkreis.
Eliten blockieren den institutionellen Wandel
In dem Buch „Warum Nationen scheitern“ untersuchen Daron Acemoglu und James A. Robinson, warum einige Nationen über lange Zeiträume erfolgreich sind, während andere absteigen. Ihre These: Es entscheiden vor allem Institutionen über das Schicksal von Nationen. Sie unterscheiden dabei zwischen inklusiven Institutionen, die mit Hilfe von partizipativer Gestaltung (…) positive Feedbackschleifen – Tugendkreis – erzeugen und so langfristig zu Wohlstand führen und solchen Institutionen, die die Macht und Ressourcen auf wenige konzentrieren und langfristig an sich negativ verstärkenden Schleifen, sog. Teufelskreisen scheitern.
In einem kürzlichen Gastkommentar für das deutsche Handelsblatt greifen Thomas Sattelberger und Winfried Felser diese Kernthese auf und titeln: „Alte Eliten blockieren den institutionellen Wandel.“ Das gilt für Deutschland und genauso für Österreich. Nach einer Phase des mutigen und progressiven Beginns, trimmen sie sich auf Effizienz und Einfluss sobald sie endlich an der Macht sind, um ideologisch degeneriert in den Niedergang zu gehen.
Nur mit dem „magischen Dreieck“ aus neuen Institutionen und neue Eliten und schließlich neuer Führung gelingt der Tugendkreis des Aufstiegs, betonen Sattelberger und Felser. Und ich ergänze: Patriarchalische, ausschließlich auf Hierarchie getrimmt Führungsstrukturen reichen nicht aus, um durch eine immer dynamischere, komplexe und unvorhersehbare Welt zu steuern. Nicht in der Wirtschaft und auch nicht in der Politik.
Die notwendige Transformation – technologische, ökologisch, gesellschaftlich – ist auch eine Chance für neue, mutige und kluge Führungspersönlichkeiten. Vorausgesetzt das (Rechts-)Extremismus keine Chance bekommt, ist folglich auch der politische Gestaltungsspielraum enorm. Von einem Mangel an neuen, jungen Führungspersönlichkeiten habe ich nach meiner jüngsten Teilnahme am Europäischen Alpbach und Begegnungen jedenfalls keine Angst.
Nur eines ist gewiss: Nationale Genesung dauert. Zwölf bis 15 Jahre können vergehen, bis eine positive Veränderung eintritt – und auch dann gibt es keine Garantie, dass die erreichten Erfolge bleiben. Der Tugendkreis – neue Führung, neue Institutionen, neue Eliten, müsse daher immer wieder errungen und erneuert werden.
Bettina Pepek für kommunikationsraum GmbH | September 2024