Skip to main content

My-treat.

Hasen-Hirn trifft Schildkröten-Verstand!

Die ruhigste Zeit des Jahres hat begonnen!

Grad eben beim Retter in der Steiermark. Mit einem Yoga- und Pilates-Retreat. Drei Tage, ein Raum, neun Teilnehmerinnen, bis zu vier Einheiten pro Tag.

Mein Verstand denkt an Sport. Mein Herz sagt kreative Auszeit.

Aber muss man, um kreativ zu sein, nicht zumindest ein Schreibgerät oder einen Malstift zur Hand haben, Tanzschuhe überstreifen oder die Singstimme anwerfen?

Wie geht Kreativität auf einer Yogamatte?

Der englische Schauspieler, Autor und Regisseur John Cleese sagt, dass Kreativität schlicht „neue Wege zum Denken“ ist. Wann immer wir neue Wege finden, um etwas besser oder wirksamer zu machen, sind wir kreativ. Die Krux ist, dass wir das nicht schaffen, wenn wir alleine unser logisches Denken dazu einsetzen. Also das, was sie uns in der Schule und an der Uni beigebracht haben: Benutze deinen Verstand! Denke analytisch und logisch – und löse damit Probleme! Als wäre das die einzige Form des Denkens.

Hasen-Hirn trifft Schildkröten-Verstand

Zweifellos hilft uns diese Form der Ratio (schnelle) Antworten auf logische, lineare Herausforderungen zu geben. Ursache und Wirkung sind bekannt, wir holen uns die dazu notwendige Checkliste, vertrauen auf unser Expert*innen-Wissen. Der Wissenschaftler Guy Claxton nennt das unser Hasen-Hirn.

Und dann gibt es noch ein ganz anderes Denken. Claxton nennt es den Schildkröten-Verstand. Dieser arbeitet langsamer, kontemplativer, manchmal sogar träumerisch. Ein Zustand, den wir beispielsweise auch durch Meditation erreichen können. Wir versuchen hier nicht zielorientiert Probleme zu lösen, eher lassen wir uns Zeit bzw. gewinnen Zeit. Wir nähern uns spielerisch an eine Herausforderung heran, wir grübeln, zweifeln auch mal erste (vermeintliche) Lösungen an. Versuchen uns weiter in anderen Zugängen. Diese Form der Intelligenz ist die Kreativität.

Während also mein Verstand ganz linear vor allem eine sportliche Herausforderung wahrnimmt, erlaubt sich mein Kopf in den Schildkröten-Modus zu gehen. Ich merke schon am zweiten Tag, wie plötzlich Ideen und Antworten zu Aufgabenstellungen und Fragen, die ich mitgenommen hatte, in den Raum kommen. Ja geradezu auf der Yogamatte neben mir Platz nehmen.

Sowohl. Als auch!

Ich habe mir erlaubt, zu entschleunigen. Gute Gespräche zu führen. Mit Menschen, die ich noch nicht kannte. Wir haben uns gegenseitig Raum gegeben, drei Tage lang das zu machen, wovon wir glauben, dass es uns jetzt guttut. Wir haben spielerisch Neues ausprobiert, waren neugierig auf mögliche (konditionelle) Grenzen und hatten dabei keine Angst Fehler zu machen. Wir haben – ganz logisch – debattiert, sachlich analysiert UND uns kleine Traumschlösser gebaut.

Hase und Schildkröte brauchen einander. Zwischen den beiden zu pendeln – going back and forth – ist das was wir u.a. auch im Service Design Thinking als Iteration kennen. Wichtig ist, sie bewusst voneinander zu trennen, indem wir beispielsweise beim Treffen von Entscheidungen kontextorientierter vorgehen!

Wichtig ist auch, sich bewusst Grenzen zu setzen – räumlich und zeitlich. Denn: Was tötet jede Form von Kreativität? Unterbrechungen!

Sich regelmäßig Raum und Zeit zu nehmen, um lustvoll in den Schildkröten-Modus zu gehen, ist längst nicht mehr nur eine Option in meinem Leben. Es ist my-(regular)-treat!

Lesetipps:

John Cleese: Creativity. A short and cheerful guide

Guy Claxton: Hare Brain, Tortoise Mind

Bettina Pepek für kommunikationsraum GmbH | November 2024