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Kommunikation ist … wo Menschen sich beteiligen!

(Teil 1)

Über die Illusion des Verstehens, hohe Erwartungshaltungen und gute Fragen als Türöffner und Wegbereiter.

„Das größte Problem in der Kommunikation ist die Illusion, dass sie stattgefunden hat.“, gab sich der irische Schriftsteller George Bernard Shaw bereits vor über 100 Jahren überzeugt. Tatsächlich überschätzen Menschen ihren Erfolg beim Kommunizieren systematisch. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie unter der Leitung der amerikanischen Psychologin Becky Lau. Dafür kommunizierten 240 Proband*innen und stellten eine „extreme Illusion des Verstehens“ fest: Sowohl die Sprechenden als auch die Zuhörenden glauben stets mehr zu verstehen, als das tatsächlich der Fall ist. Die Folge ist ein hohes Risiko der Fehlkommunikation, die insbesondere im professionellen Kontext fatal sein kann. (1)

Die Komplexität zwischenmenschlicher Kommunikation wird unterschätzt. Immer noch vorwiegend sozialisiert im „Input – Output“-Modell der Kommunikationswissenschaft, unterschätzen wir die Vielfalt an Wahrnehmungs- und Interpretationsmöglichkeiten und damit verbundene Auswirkungen auf den (eigenen) Kommunikationserfolg. Die Tatsache, dass sich Kommunikation in den letzten 20 Jahren zunehmend in den digitalen Raum verlagert hat, macht die Situation noch anspruchsvoller – egal, ob wir asynchron Textnachrichten austauschen, synchron über Videocalls kommunizieren oder in den kollektiven Messenger-Dialog einsteigen. Das WIE in der Kommunikation ist noch wichtiger als das WAS. Und die nächste Herausforderung ist bereits da: Die massenhafte Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) verändert Kommunikation in ungeahntem Ausmaß. KI-Textgeneratoren finden bereits breite Anwendung in der Unternehmenskommunikation und Schätzungen von Europol gehen davon aus, dass bis zum Frühjahr 2025 mehr als 90 Prozent der Online-Inhalte von KI generiert werden. Doch künstlich erzeugte Kommunikation hat – wie beinahe mittlerweile täglich zu beobachten ist – nicht nur Vorteile.

Werden also menschliche Eigenschaften mehr denn je unverzichtbar für gelingende Kommunikation? Aneesh Raman, ehemaliger Redenschreiber von Barack Obama, ist sich da ganz sicher. Er sprach kürzlich von der „Relationship Economy“, die geprägt sei von genuin menschlichen Fähigkeiten, wie Empathie und kritischem Denken.

Menschliche Eigenschaften im Vordergrund

Erwartungen prägen unsere Kommunikation wesentlich. Jene an mein Gegenüber, jene an mich selbst und wie die deutsche Logopädin Ulla Blockhaus es formuliert auch um Erwartungs-Erwartungen. Wie gelingt es, damit im Sinne einer wirksamen Verständigung umzugehen?

Einen narrativen Zugang liefert dazu Paul Watzlawick mit seiner Geschichte vom „Mann mit dem Hammer“Wir Menschen haben verschiedene Bedürfnisse und Perspektiven und können folglich in derselben Situation etwas völlig Unterschiedliches wahrnehmen und deshalb auch unterschiedliche Schlüsse und Entscheidungen ableiten.  Diese richtig zu entschlüsseln, dabei helfen uns Reflexion, Zuhören, in den Austausch gehen, um so die eigenen Annahmen offenzulegen und die der anderen zu erfragen.

Kluge Fragen öffnen den Kopf

Stellen Führungskräfte ihren Teams gute Fragen, fördern sie damit deren kognitive Fähigkeiten, sie machen sie letztlich auch agiler. Fragen sind ein starkes Werkzeug, sie legen fest worauf sich das Denken und die Antworten unseres Gegenübers beziehen. Mit Fragen steuern wir Situationen!

In einer von Technologie getriebenen Realität, die uns Antworten quasi auf Knopfdruck und damit auch immer und überall gibt – geht es also mehr denn je darum die richtigen Fragen zu stellen: Prompting für Fortgeschrittene!

Denn es sind die richtigen Fragen, die Kopföffner und Wegbereiter sind. Gute Fragen sind im Idealfall der Ausgangspunkt für (Lösungs-) Orientierung.

Gute Fragen lenken den Fokus auf offene bzw. ungelöste (Problem-) Situationen!

Gute Fragen öffnen den Raum für neue Ideen!

Gute Fragen ermöglichen Dialog, Interaktion, Partizipation!

Gute Fragen geben anderen Perspektiven Raum!

Gute Fragen haben ein „Fit“ von Frageformulierung und Frageziel!

Neugierig geworden? Finde hier eine Übersicht beispielhafter systemischer Fragen, die uns in unserer Praxis wirksam unterstützen. 

Und hier auch noch drei praktische Übungen, die wir bei ada gefunden haben, um die Relationship Economy auch in deinem Alltag zu kultivieren:

Aktives Zuhören üben: Setze dich mit jemanden zusammen und führe ein Gespräch über eine herausfordernde Situation, bei dem nur eine Person spricht, während die andere erwartungsfrei zuhört. Die zuhörende Person fasst dann ohne subjektive Einordnung oder zusätzlichen Kontext zusammen, was sie oder er verstanden hat, bevor die Rollen getauscht werden.

Empathie entwickeln: Führe eine Reflexionsübung durch, bei der du dir vorstellst, wie eine bestimmte Situation aus der Sicht einer anderen dir bekannten Person aussieht. Sei dabei möglichst spezifisch und schließe Gefühle, Gedanken und mögliche Beweggründe der Person ein.

Kritische Selbstreflexion: Versuche regelmäßig Situationen festzuhalten, in denen du dich missverstanden gefühlt hast oder in denen eine Kommunikation fehlgeschlagen ist. Überlege dann mit etwas Abstand, was auf deiner Seite schiefgelaufen sein könnte und was du persönlich besser machen kannst.

Bettina Pepek für kommunikationsraum GmbH | Juni 2024

(1) ADA, April 2024